Niederlande entgehen knapp einem Terroranschlag

  • http://www.bbc.com/news/world-europe-31051114
    Bewaffneter forderte Sendezeit in der Hauptnachrichtensendung.
    Held des Tages: ein Portier, der den Terrorist in eine leeres Studio leitete und solange mit ihm sprach,
    bis die Polizei eintraf. Niederlande 1 ist noch nicht wieder auf Sendung.

    "Krieg ist ein zu ernstes Geschäft, als daß man ihn den Generälen überlassen dürfte." Georges B. Clemenceau (1841-1929), Französischer Journalist und Politiker/Ministerpäsident

    Einmal editiert, zuletzt von Amsterdammer (30. Januar 2015 um 19:48)

  • Ein Bewaffneter ist ein Fernsehstudio eingedrungen und hat Sendezeit gefordert, das ist ohne Frage eine gefährliche Angelegenheit. Aber von einem versuchten Terroranschlag kann man da ja nun wirklich nicht sprechen. Ansonsten wäre jeder bewaffnete Überfall ein versuchter Terroranschlag. Und bei bewaffneten Überfällen sieht man in der Regel übrigens deutlich mehr Gewaltbereitschaft, der Täter hier hat ziemlich nervös gewirkt, die Waffe auf keinen Menschen gerichtet (wie das Video andeutet und ich auf ein paar Seiten gelesen habe) und nicht einen Moment Widerstand geleistet. Wenn ich das Video sehe, glaube ich nicht, dass hier Gewalt oder gar Terrorismus das Ziel war. Ich will das natürlich nicht runterreden, weil man nicht mit einer Waffe in ein TV-Studio (oder sonst wo hin) marschieren kann, eh klar, aber ich finde auch nicht, dass man das unbedingt sehr viel höher hängen muss als es ist. Er wird dafür bestraft werden, Terror-Gefahr sehe ich dadurch wirklich nicht.

  • Knapp 24 h nach dem Vorfall werden Details bekannt. Um die Dramatik näher zu bringen, übertrage ich das Geschehen fiktiv auf Deutsche Verhältnisse (Hamburg statt Hilversum, ARD, ZDF und NDR statt NPO 1, 2 und 3). Es liest sich wie ein Drehbuch zu einem Krimi.

    Um 19:45 betritt ein junger Mann im schwarzen Anzug, weißem Hemd und Krawatte den Empfang des NDR-Gebäude in Hamburg. (In diesem Gebäude sind beheimatet: alle Studios, Regieräume und Server der ARD und de NDR, sowie die Server des ZDF). Der Mann zeigt dem anwesenden Sicherheitsbeamten wortlos einen Brief, darin steht:

    Zitat

    "Wenn Sie dies lesen, geraten Sie nicht in Panik. Schreien Sie nicht, warnen Sie niemanden.Verhalten Sie sich ganz normal. Ich bin bewaffnet (inzwischen hat der Mann eine Pistole mit Schalldämpfer aus seinem Jackett gezogen). Wenn Sie gut mitarbeiten, tue ich Ihnen nichts. Ich bin nicht allein. ... Wir sind hier 5 und im Land 98 andere. Wir haben Sprengstoff deponiert. Bringen Sie mich zum Regieraum der Tagesschau. Tun Sie das nicht, erschieße ich Sie. Das wollen Sie doch nicht, oder? "

    Um 19:50 erreicht der Mann in Begleitung des Sicherheitsbeamten und unter Umgehung von 6 Sicherheitsschleusen, den Regieraum der Tagesschau von 20 Uhr. Anwesend der Regisseur und zwei Techniker. Er überreicht, den Brief und verlangt, für 10 Minuten Redezeit ins Studio gebracht zu werden, wo der Nachrichtensprecher zu diesem Zeitpunkt mit dem Hauptstadtkorrespondenten der ARD in Berlin eine Sendebeitrag bespricht. Der Sicherheitsbeamte schlägt Studio 8 vor, wohl wissend, das dies das Studio für die Vormittagssendungen der Tagesschau ist und zu diesem Zeitpunkt leer steht. Der Regisseur willigt ein, und der Eindringling und der Sicherheitsbeamte gehen zu dem schalldichten Studio. Der Techniker aktiviert Kameras und Mikrophone des leeren Studios. Kaum in diesem Studio angekommen löst der Regisseur den Alarmknopf für Evakuierung aus und weist den Nachrichtensprecher und den Kameramann im Tagesschaustudio an, das Studio zu verlassen. "Ist das ein Witz?" fragt dieser noch? "Nein, hier läuft einer mit 'ner Pistole rum." Anschließend ruft der Regisseur über sein Handy 112 an. Eine Minute vor der Beginn der Tagesschau holt der Techniker auf Anweisung des Regisseur die ARD aus dem Äther, ein Bild mit "Tagesschau - Störung" erscheint im ganz Deutschland auf den Mattscheiben.

    Dann überschlagen sich die Ereignisse. Da nach der Evakuierung des Gebäudes auch die technischen Sendezentralen verwaist sind, fallen nach der Tagesschau nacheinander auch ZDF, NDR und diverse Radioprogramme aus. Schwarzer Bildschirm beim ZDF und kein Ton auf vielen Radiostationen. Inzwischen ist ein Twittersturm unter #ARD und #Tagesschau entstanden mit dem wildesten Vermutungen mit Bezug auf den Überfall auf Journalisten in Paris. Der Begriff "terroristischer Anschlag" wurde kurz nach acht auf Twitter geboren, da ARD und ZDF rund 20 Uhr gleichzeitig vom Äther gingen.

    Ein speziell für einen Überfall auf die Sendezentrale ausgebildetes Team von 8 Polizisten, die ihr Quartier in der Nähe der Sendezentrale haben und mit den Örtlichkeiten vertraut ist, erreicht um 20:10, ca. 15 Minuten nach dem Notruf, den Regieraum und sah über die laufenden Kamera's live die Szenen, die um die Welt gingen. Der Befehlshabende konstatierte innerhalb kürzester Zeit, dass es um einen verwirrten Mann geht, befahl dem Sicherheitsbeamten im Studio über Kopfhörer, sich ganz langsam und mit dem Eindringling redend zum Ausgang zu begeben und auf Kommando die Tür zu öffnen. Den Rest kennt Ihr. Eine halbe Stunden nach dem Betreten des Eindringlings in das Sendegebäude war der Spuk vorbei. Auf Twitter und in unseren Köpfen ging er allerdings etwas länger weiter, da wir nicht wussten, dass um 20:15 die Gefahr vorbei war.

    Ein Großaufgebot der Polizei durchkämmte nämlich anschließend das evakuierte Gebäude bis zur letzten Besenkammer nach Sprengstoff. Um 20:30 wurden die Studios vom ZDF in Mainz über eine Notleitung via Luxemburg wieder an ihr ganz normales Programm angeschlossen. Ab 21 Uhr ging das Hauptstadtstudio der ARD in Berlin über die gleiche Notleitung auf Sendung, ARD war provisorisch wieder auf dem Sender mit einer one-man-show des Hauptstadtkorrespondenten. Um 22:30 wurde das evakuierte Gebäude freigegeben, zwischen 23 und 24h wurden die Notleitung aufgehoben und haben alle Sender ihren (technischen) Normalbetrieb wieder aufgenommen.

    Der Täter: ein 19 jähriger Chemiestudent aus Delft. Einzeltäter. Motive ? Noch nicht bekannt.

    "Krieg ist ein zu ernstes Geschäft, als daß man ihn den Generälen überlassen dürfte." Georges B. Clemenceau (1841-1929), Französischer Journalist und Politiker/Ministerpäsident

  • Haben eigentlich die Innenminister unserer sog. "Demokratien" nach diesem Vorfall noch nicht gefordert, die Überwachung der Bevölkerung auszudehnen, noch mehr Vorratsdatenspeicherung etc.? Ach ja, ist ja eigentlich nichts passiert, was die Boulevard-Medien so richtig ausschlachten könnten.

    Gruß
    graubaer

    *** "Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden ..." (Amtseid der Bundesminister/-innen - Auszug)***

  • Tja, das ist so in Journalistenland, wenn Tote fallen (im Ausland), kommt es in die Schlagzeilen, wenn etwas gut abläuft, ist es eine Randnotiz, auch wenn Kollegen betroffen sind.

    Das einzige, was die Politik hier fordert, ist, zu dezentralisieren (Produktion und Technik trennen), mit anderen Worten: die Abteilung, die für die technische Übermittlung der Bild- und Tonsignale aus den Studios zu den Sendemasten (Äther), Satelliten und Serverzentren (Kabelfernsehen) verantwortlich ist, in anderen Gebäuden unterzubringen. Dies, um zu verhindern, daß im Notfall gleich mehrere Sender ausfallen. In einem kleinen Land wie Holland (vergleichbar mit NRW) gibt es nur ein Sendezentrum für alles, nämlich in Hilversum, vergleichbar mit dem Sendezentrum des ZDF an einem Ort in Mainz.

    Was geklappt hat:
    Sendeunterbrechung und Evakuierung nach Anweisung von Alarmplänen.
    Besonnene Reaktionen geschulter Sicherheitskräfte
    Die unmittelbare Präsenz trainierter Polizisten mit Ortskenntnis
    Aktivierung von Backuptechnik im Ausland (hier: Luxemburg).

    Trotzdem ist es einem Verrücktem mit Pistole gelungen, den öffentlich-rechtlichen Sendebetrieb der Niederlande für eine Stunde stillzulegen. "Gunman" fällt für die Politik hier unter "Restrisiko", das nicht zu verhindern ist. Außer Trennung von Produktion und Sendetechnik gibt es keine weiteren Forderungen.

    "Krieg ist ein zu ernstes Geschäft, als daß man ihn den Generälen überlassen dürfte." Georges B. Clemenceau (1841-1929), Französischer Journalist und Politiker/Ministerpäsident

  • 234 Schüsse? Konspirativ, ne wahr? Warum nicht 321 - nicht deins? :mrgreen:
    Was meinst du, was hier in D für ein Tamtam losgetreten wird, wenn ein herrenloser Koffer 20 Minuten auf den Flughafen rumsteht?

    Amoklauf, passt auch irgendwie nicht. Ich mein, ist schon heftig, dass es Menschen unter uns gibt, die so ver(w)irrt sind und an Knarren kommen. Ich muss grad an Walter Freiwald (aktuell Dschungelcamp) denken - nach dem die Gilzer ihm den Marsch geblasen hat, hat der doch tatsächlich sowas wie "gemeingefährlich" abgelassen. Man muss sich nur vorstellen, die Gilzer schnitzt sich aus Bambus und Liane eine Kleinkaliberpistole, natürlich aus reiner Notwehr. Walter fällt denn bei RTL ins Studio ein und verlangt auch Sendezeit, weil er doch DER Entertainer (besser als Gottschalk und Jauch zusammen :-?? ) schlechthin sei :roll:

  • Zitat von Bernd.

    Was meinst du, was hier in D für ein Tamtam losgetreten wird, wenn ein herrenloser Koffer 20 Minuten auf den Flughafen rumsteht?

    Das habe ich live in Hamburg beim Abflug nach Dubai erlebt... war eigentlich relativ unspektakulär...

  • Gemein, aber wichtig: Wie brauchen mehr Russland: :D
    denn:
    http://www.derwesten.de/politik/krimin…-id9890681.html
    http://www.focus.de/panorama/welt/…aid_303833.html

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    USA ist nicht mehr "Freund",
    der Ostblock wird es werden.